Oft geht es in der Bürgermeister-Sprechstunde um wichtige Dinge des Alltagslebens, die auch für andere Gemeindebürger:innen von Interesse sein könnten oder, die Sie in der Form möglicherweise nicht mitbedacht haben und für mehr Klarheit sorgen. Ausgewählte Themen werden hier nochmals vom Bürgermeister aufgegriffen und detailliert beschrieben.
„In den Medien ist zu hören und zu lesen, dass die Finanzsituation der Gemeinden sehr angespannt ist. Stimmt das und wie wirkt sich das für unsere Gemeinde aus?“ ist eine der meist gestellten Fragen in der letzten Zeit.
Nun ja, die Finanzsituation ist sehr angespannt. Man darf nicht vergessen, dass die Zinsen im letzten Jahr stark angestiegen sind. (Gott sei Dank fallen sie zurzeit wieder.) In unserer Gemeinde macht das Mehrkosten pro Jahr von rund 350.000 Euro aus.
Weiters darf man nicht vergessen, dass es zweimal Gehaltserhöhungen von in Summe 20 % gegeben hat. Bei den rund 100 Mitarbeiter:innen im Gemeindedienst (Kindergärten, Schulen, Verwaltung, Bauhof, Verbände) macht das pro Jahr rund 400.000 Euro höhere Gehälter aus.
Auch im Bereich der Energiekosten müssen wir (auch diese fallen jetzt wieder) rund 100.000 Euro pro Jahr mehr bezahlen als vor dem Krieg durch Russland in der Ukraine.
Und durch die Inflation sind auch verschiedenste Ausgaben der Gemeinde im Einkauf von Verbrauchsmaterialien oder höheren Preisen für Dienstleistungen gestiegen. Das macht im Durchschnitt ebenfalls rund 200.000 Euro pro Jahr Mehrkosten aus.
Die Haupteinnahmen von Gemeinden sind die sogenannten Ertragsanteile. Sie werden pro Hauptwohnsitz in einer Gemeinde ausgeschüttet.
Das bedeutet: je mehr Hauptwohnsitzgemeldete eine Gemeinde hat, desto mehr Geld steht ihr zur Verfügung. (Anm.: Für Zweitwohnsitzgemeldete gibt es leider keine Ertragsanteile. Deshalb immer wieder unsere Aufforderung, wenn man hier wohnt und lebt, sich bitte mit dem Hauptwohnsitz anzumelden. Es kostet Sie als Bürger:in nichts, bringt jedoch der Gemeinde zusätzliche Mittel!)
Und die Höhe dieser Ertragsanteile richtet sich nach dem Steueraufkommen in Österreich. Denn Gemeinden bekommen von den Gesamtsteuereinnahmen 15,4 %. Und diese Steuereinnahmen sind in den letzten Jahren durch verschiedenste Ereignisse wesentlich weniger geworden.
Es werden zur Zeit weniger Grundstücke und Häuser verkauft. Durch die hohe Inflation und die hohen Energiepreise sparen die Menschen mehr und geben weniger Geld aus. Die Menschen kaufen weniger (ein) und somit gehen die Steuereinnahmen zurück.
Pro Jahr bedeutet das derzeit rund 200.000 Euro weniger Einnahmen für das Gemeindebudget. Viel wurde in den letzten Monaten über die „Abschaffung der kalten Progression“ gesprochen und gejubelt. Natürlich ist es sehr gut, wenn den arbeitenden Menschen mehr vom Lohn bleibt!
Aber der Bund (Nationalrat) hat diese Abschaffung beschlossen und deshalb gibt es rund 5,5 Mrd. Euro in diesem Jahr und 7,5 Mrd. Euro im kommenden Jahr weniger Einnahmen für das Bundesbudget. Das bedeutet aber eben auch, dass die Gemeinden weniger vom Steueranteil des Bundes bekommen.
Und nein, die Gemeinden bekommen diesen Entfall nicht ausgeglichen! Für unsere Gemeinde bedeutet das im Durchschnitt weniger Einnahmen von 300.000 Euro pro Jahr.
- Rechnet man alle diese Mehrausgaben oder weniger Einnahmen zusammen, kommt man auf rund 1.550.000 Euro pro Jahr für die Marktgemeinde Pottendorf, die nicht mehr zur Verfügung stehen. Das sind in etwa die Mittel, die uns in den letzten Jahren als „Überschuss“ übrigblieben, wenn man die Fixkosten abzieht. Dieser „Überschuss“ wurde für neue Projekte (Kindergartenneubau, Straßenbau, Sanierungsmaßnahmen, Heizkostenzuschüsse usw.) verwendet.
Eine Gemeinde (ganz egal welche) kann ihre Ausgaben nur reduzieren, wenn sie zum Beispiel Sozialleistungen und Subventionen kürzt (was niemand ernsthaft will) oder beim Personal spart (wir liegen genau in jenem Personalkostenanteil, der für eine Gemeinde unserer Größe berechnet ist) oder im Straßenbau weniger ausgibt (so wie dieses Jahr massiv) oder geplante Projekte verschiebt, bis wieder Mehreinnahmen vorhanden sind.
Im Bereich der Einnahmen kann eine Gemeinde Gebühren erhöhen (dies ist sicher nicht im Sinne der Gemeindebürger:innen), Betriebsgebiete erschließen, um mehr Kommunalabgaben zu bekommen (jeder zusätzliche Arbeitsplatz eines unselbstständig Erwerbstätigen in der Gemeinde bringt rund 1.000 Euro im Jahr) (deshalb das neue Betriebsgebiet in der Wampersdorfer Straße) oder es gibt mehr Hauptwohnsitzgemeldete in einer Gemeinde (kontinuierliches Wachstum).
Auch hier „bringt“ jeder Hauptwohnsitz rund 1.000 Euro mehr pro Jahr. Ich hoffe, mit dieser verkürzten Zusammenfassung, wie es um den finanziellen Spielraum einer Gemeinde bestellt ist, konnte ich einige Fragen beantworten.
Gerne können Sie mich bei den verschiedensten Gelegenheiten darauf oder in meiner Sprechstunde ansprechen, ich gebe gerne Auskunft.
Bürgermeister-Sprechstunde